Predigthilfe zur Friedensdekade
Predigthilfe 2018
Wie in jedem Jahr finden sich auch in diesem Heft eine Reihe von Gottesdienstentwürfen, die den Jahrestag der Novemberpogrome am 9. und 10. November in ihr Zentrum stellen oder sich darauf beziehen. Hier handelt es sich jedoch nicht allein um ein zeitliches Zusammentreffen, sondern die Verbindung von Erinnerung und Frieden ist für Aktion Sühnezeichen existentiell. Wer den Frieden vorbereiten will, muss die eigene Gewaltgeschichte kennen und sich ihr stellen.
Nur so können wir die Gefährdungspotentiale erkennen, die auch der theologischen Rede vom Frieden innewohnen können und dann aktiv werden. In diesem Sinne gehören für uns das Sühnezeichen und der Friedensdienst zusammen. Helmut Ruppel stellt Überlegungen und einen Gottesdienstentwurf zu 1. Mose 13 für den ersten Sonntag der Friedensdekade vor. Die AG Theologie bei ASF stellt das Adventslied aus dem Liedschatz der Böhmischen Brüder »Gottes Sohn ist kommen« in das Zentrum ihres Gottesdienstes anlässlich der Novemberpogrome. Zwischen dem Lied und den Texten entsteht ein bewegender Gottesdienstentwurf. Björn Borrmann legt einen Entwurf für eine Vesper am Abend des 9. November vor.
Wir haben uns bewusst dafür entschieden, Ihnen auch kleinere Formen vorzustellen, da nicht in jeder Gemeinde ein eigener Gottesdienst stattfindet. Im November 2018 jährt sich der Jahrestag der Novemberpogrome gegen die jüdische Bevölkerung zum 80. Mal. Seit ihrer Gründung vor 60 Jahren hat Aktion Sühnezeichen in unterschiedlichen Formaten an diese Tage erinnert. In diesem Jahr wird Aktion Sühnezeichen Friedensdienste mit ihren Regionalgruppen bundesweit Aktionen starten. Unter dem Titel »Wir erinnern« lenken die Akteur*innen vor Ort die öffentliche Aufmerksamkeit auf jene Orte, die vor achtzig Jahren zur Zielscheibe von Gewalt und Zerstörung wurden wie Geschäfte, Wohn häuser und jüdische Einrichtungen überall in Deutschland, in vielen Städten und Gemeinden.
Wie jedes Jahr senden wir Ihnen auch gerne Freiwillige von ASF in Ihre Gottesdienste und Veranstaltungen, um von ihren Erfahrungen und der Arbeit von ASF zu berichten. Zu der Arbeit von ASF gehören sowohl das Handeln als auch das Bemühen um politische und theologische Tiefenschärfe. Die Grande Dame des jüdisch- christlichen Dialogs, Edna Brocke, stellt uns vor diesem Hintergrund eine Predigt zur Verfügung. Lorenz Wilkens übersetzt und kommentiert Psalm 52 nach dem Metrum des Originals, und der orthodoxe Rabbiner Shabtai Rappoport, der das Beit Midrasch an der Bar Ilan-Universität leitet, stellt Überlegungen zu Hosea 2 vor. Wir haben lange überlegt, ob wir seinen Text übersetzen sollen, sahen dann aber die Gefahr, seinen dichten Überlegungen nicht gerecht zu werden – und belassen es daher beim englischsprachigen Original.
Rabbiner Walter Homolka schreibt zu Judas. Wir hoffen Ihnen mit diesen profilierten aber auch ganz unterschiedlichen Stimmen Anregungen für die nächsten Wochen gegeben zu haben. Wir erleben derzeit ein Wiederaufleben rechtspopulistischer und rechtsextremer Bewegungen und rassistischer Übergriffe. Das politische Klima in Deutschland hat sich verändert. Antisemitismus bricht sich lauter Bahn und wir erleben erschreckende Überfälle auf jüdische Menschen und Institutionen. Flucht und Migration werden in den Medien, den sozialen Netzwerken und im politischen Alltag fast ausschließlich negativ betrachtet.
Die Hetze der Rechtspopulisten wirkt bis in die Mitte der Parlamente und der Gesellschaft. Es fehlt an einer eindeutigen Fürsprache für eine offene, demokratische und solidarische Migrationsgesellschaft. Es ist nicht nur ein friedliches und gleichberechtigtes Miteinander in Gefahr, sondern die Verfasstheit unserer Demokratie ist bedroht. In einem Land, dessen Geschichte uns Anderes lehren müsste.