Krieg gegen die Ukraine, Presse

Statt Vorschlägen über die Köpfe der Leidtragenden hinweg – jetzt ist unsere Unterstützung gefragt

Ein Jahr seit der Ausweitung des russischen Angriffes auf die ganze Ukraine: Die brutale Aggression gegen ein friedliches Nachbarland mitten in Europa erschüttert. Gerade weil die Gewalt anhält, weil es zu immer neuen Kriegsverbrechen, Zerstörungen und Opfern kommt, ist mehr denn je unsere Aufmerksamkeit, Empathie und konkrete Unterstützung für dieses Land und seine Menschen gefragt.

Zerstörtes Wohnviertel, Budscha, Ukraine, 2022. Bild: Florian Bachmeier

Zum Jahrestag der Ausweitung des russischen Angriffskrieges auf die ganze Ukraine erklärt Jutta Weduwen, Geschäftsführerin von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF):

Ein Jahr seit der Ausweitung des russischen Angriffes auf die ganze Ukraine: Wir sind von der brutalen Aggression gegen ein friedliches Nachbarland mitten in Europa erschüttert. Gerade weil die Gewalt anhält, weil es zu immer neuen Kriegsverbrechen, Zerstörungen und Opfern kommt, ist mehr denn je unsere Aufmerksamkeit, Empathie und konkrete Unterstützung für dieses Land und seine Menschen gefragt.

Schweren Herzens mussten wir unsere Freiwilligenprojekte in der Ukraine unterbrechen: seit 2014 schon auf der Krim und in den östlichen Landesteilen, seit Februar 2022 im ganzen Land. Wir stehen im Kontakt mit unseren ukrainischen Projektpartner*innen, unserer Landeskoordinatorin sowie unseren ukrainischen Freiwillig*innen, die aktuell ihren Dienst in unserem polnischen Programm leisten. Wir unterstützen die Menschen in der Region Odesa zusammen mit der Hilfsinitiative „BerlinOdessaExpress“, die von ehemaligen Freiwillig*innen und Mitarbeiter*innen gegründet worden ist.

Auch in Russland und Belarus mussten wir aufgrund der immer stärkeren Repressionen gegen die Zivilgesellschaft die Freiwilligenarbeit unterbrechen. Wir fördern aber weiterhin die Begegnung mit Menschen aus Osteuropa in unseren Freiwilligen-Programmen und Sommerlagern. Gerade jetzt braucht es Begegnung mit den Menschen dieser Region und Solidarität mit der kritischen Zivilgesellschaft.

Ein wichtiger Teil der hybriden Kriegsführung Russlands sind massive geschichtspolitische Verzerrungen und Lügen. Damit werden gleichermaßen die Opfer der Shoah und NS-Verfolgung, wie auch des Stalinismus instrumentalisiert. Wir beobachten mit großer Sorge, wie die Debatte in Deutschland häufig über die eigentlichen Leidtragenden in der Ukraine hinweggeht. Ihnen sollten wir zuhören. Statt Vorhaltungen oder Vorschläge über die Köpfe der Betroffenen hinweg zu machen, müssen wir uns stärker mit der ukrainischen Geschichte und Gegenwart auseinandersetzen und mit den Anliegen der Menschen vor Ort und der zu uns Geflüchteten.

So sehr wir uns auch ein möglichst rasches Ende der Gewalt wünschen und so sehr wir die Sorgen vor Aufrüstung und Konfrontation nachvollziehen können – es gibt keine einfachen Lösungen. Über die Wege und Mittel können und müssen wir demokratisch streiten, doch die völkerrechtliche Friedensordnung, universellen Menschenrechte und nationale Selbstbestimmung und ein aufrichtiger Umgang mit der Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts sind für uns nicht verhandelbar.

Zum Jahrestag des vollumfänglichen Angriffskriegs auf die Ukraine rufen wir nicht explizit zu Demonstrationen auf. Unser Ansatz ist die praktische Solidarität mit den Menschen in und aus der Ukraine. Wir warnen eindringlich vor den wiederholten verschwörungsideologischen Anknüpfungen der extremen Rechten an die Proteste von Teilen der Friedensbewegung. Dies muss eine rote Linie all derer bleiben, die in den vielfältigen und kontroversen Debatten Gehör finden möchten. Leider haben sich die Organisator*innen der Demonstration am 25. Februar immer noch nicht eindeutig distanziert.

Hintergrund:

Mehr zu unseren Positionen und Stimmen unserer Freiwilligen und Partner*innen aus der Region im zeichen 2/2022.

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