Predigthilfe zur Friedensdekade

Predigthilfe 2017

Chanson für Morgen

Wir wissen nicht, was morgen wird,
Wir sind keine klugen Leute.
Der Spaten klirrt und die Sense sirrt,
Wir wissen nicht, was morgen wird,
Wir ackern und pflügen das Heute.

Wir wissen wohl, was gestern war,
Und wir hoffen, es nie zu vergessen.
Wir wissen wohl, was gestern war,
Und wir säen das Brot, und das Brot ist rar,
und wir hoffen, es auch noch zu essen.

Wir wissen nicht, was morgen wird,
Ob der Kampf unser harrt oder Frieden,
Ob hier Sense sirrt oder Säbel klirrt
Wir wissen nur, dass es Morgen wird
Wenn wir Schwerter zu Pflugscharen schmieden

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Mit diesem Gedicht von Mascha Kaléko stelle ich Ihnen im Namen unseres Redaktionsteams unsere diesjährige Predigthilfe zur Friedensdekade vor. Kaléko veröffentlichte dieses Gedicht im Jahr 1945, verfasste es jedoch einige Jahre vorher. Die jüdische Dichterin der »Neuen Sachlichkeit« war als Kind mit ihren Eltern nach Ende des 1. Weltkriegs nach Berlin in den Prenzlauer Berg gezogen, musste dann 1938 in die USA fliehen und zog später nach Jerusalem.

Sie vermisste die deutsche Sprache und spielte in ihren letzten Lebensjahren mit dem Gedanken, sich auch wieder eine kleine Wohnung in Berlin zu nehmen – ein Wunsch, der sich nicht erfüllen sollte. Ihr Gedicht erzählt eindrucksvoll von Vergangenheit und Zukunft und hält fest, dass letztere für uns stets im Unklaren bleibt. Gleichzeitig gibt es jedoch die Möglichkeit, die kommenden Tage zu gestalten, indem wir Schwerter zu Pflugscharen schmieden.

In diesem Sinne wollen wir die kommende Predigthilfe verstanden wissen. »Streit« – so lautet das Motto der diesjährigen Friedensdekade. In gewohnter Manier – da unsere Predigthilfen stets von biblischen Worten überschrieben sind – haben wir diesen Titel mit einem Vers aus einem der vorgeschlagenen Bibeltexte, Jeremia 22,1-5, interpretiert. Die anderen Texte finden sich in den beiden Gottesdienstentwürfen von Helmut Ruppel, der erste für einen Erinnerungsgottesdienst an die Novemberpogrome, der zweite als »klassischer« Gottesdienst zur Eröffnung der Friedensdekade. »Wir wissen wohl, was gestern war, / Und wir hoffen, es nie zu vergessen.«

Die Friedensdekade ist für uns nicht denkbar ohne die Erinnerung an den 9. und 10. November, an die Nächte, in denen die Synagogen und Schriftrollen, in denen Gottes eigenes Wort brannte und unzählige Menschen deportiert und ermordet wurden. Die Rede von Frieden braucht Tiefenschärfe und das Bewusstsein um Gewalterfahrungen – und auch um die eigene Schuldgeschichte. Die Synagogen brannten nicht von allein – Deutsche haben sie angezündet. Die Menschen starben nicht von allein – Deutsche haben sie ermordet. Wer dem Frieden Wurzeln geben will, muss der Geschichte nachspüren. Wir wenden uns der unfriedlichen Vergangenheit zu, um den Frieden der Zukunft zu sichern.

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