Antisemitismus

Zeitschrift: zeichen 2 / 2019

Die Auseinandersetzung mit Antisemitismus wird immer wieder von Debatten und Kontroversen begleitet. Wir möchten Sie mit diesem zeichen einladen, sich mit den verschiedenen Facetten des Judenhasses zu beschäftigen und sich mit uns gemeinsam weiter gegen Antisemitismus zu engagieren.

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Es wird öffentlich darüber diskutiert, bei welchen Gruppen Antisemitismus besonders ausgeprägt ist: bei Alteingesessenen? Zugewanderten? Christ*innen? Muslim*innen? Rechten? Linken? Es wird darüber debattiert, was unter Antisemitismus gefasst werden kann: Kritik an israelischen Politiker*innen? Die BDS-Bewegung?

Diese Debatten, die auch die Forschung beschäftigen, sind gut und richtig, weil davon auch die zielgerichtete Arbeit gegen Antisemitismus abhängt. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass die Thematisierung von Antisemitismus schnell und oft Widerspruch hervorruft.

Das hängt sicher auch damit zusammen, dass nach der Shoah niemand den Vorwurf auf sich ziehen möchte, antisemitisch zu sein. Gleichzeitig wissen wir, dass nach 1945 die antijüdischen Ressentiments nicht einfach verschwunden sind, sondern in Erzählungen, Debatten und den Medien weiterleben und sich – oft über Umwege – auf andere und neue Weise äußern. Der Frankfurter Historiker Meron Mendel spricht von einem Antisemitismus-Paradox, wenn er beobachtet, dass der Vorwurf des Antisemitismus schwerer zu wiegen scheint als Antisemitismus selbst.

Wir beschäftigen uns in einem Artikel über israelbezogenen Antisemitismus mit »Umweg-Kommunikation« und geben dabei auch eine kurze Einschätzung zur BDS- Bewegung. Der Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde in Berlin, Sigmount A. Königsberg, schildert seine Beobachtungen über Antisemitismus im Alltag.

Diese werden auch von Alexander Rasumny von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS) beleuchtet. Beide berichten von einer Zunahme antisemitischer Vorfälle und fordern uns alle zum Handeln und Eingreifen auf.

Eine internationale Perspektive nehmen wir ein, wenn unsere Landesbeauftragten in Russland, Großbritannien und Frankreich über Antisemitismus in diesen Ländern berichten.

Der Theologe Helmut Ruppel gibt uns aufschlussreiche Hinweise, was wir »verlernen« sollten, um nicht in antijüdischen Sprechweisen zu verharren. Dabei geht es um die Gegenüberstellung der Wörter alttestamentarisch und alttestamentlich.

Henning Flad, Projektleiter der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus, schreibt über Antisemitismus in der extremen Rechten und geht dabei auch auf die Frage ein, inwieweit Antisemitismus in rechtspopulistischen Bewegungen und Parteien auftaucht, die sich immer wieder als die besonderen Verbündeten von Jüdinnen und Juden ausgeben.

Sie finden in diesem Heft Porträts von Shoah-Überlebenden des Fotografen Luigi Toscano. Diese Fotos dokumentieren teilweise auch antisemitische Zerstörungen, die den Porträts bei einer Ausstellung in Wien zugefügt wurden. Der Fotograf schildert dies in einem Interview. Ich danke Luigi Toscano sehr herzlich für die großzügige Bereitstellung seiner Fotos.

Die jüdische Philosophin Hannah Arendt sagte 1946: »Vor Antisemitismus ist man nur auf dem Monde sicher«. 73 Jahre nach dieser Aussage müssen wir feststellen, dass dieser Satz leider noch immer wahr ist. Antisemitismus taucht überall auf, unabhängig davon, wie viele Jüdinnen und Juden an einem Ort leben.

Wir dürfen bei allen Debatten und Kontroversen nicht aus dem Blick verlieren, was Antisemitismus vor allem bedeutet: die Bedrohung und Verletzung der Sicherheit, Freiheit, Integrität, Mitbestimmung und Beteiligung von Jüdinnen und Juden. Und das geht nicht nur Jüdinnen und Juden etwas an, sondern uns alle, denn damit gerät unser demokratisches Miteinander weiter in Gefahr.

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