„Diese Arbeit ist heute so aktuell wie zur Gründung 1958“

Adrian von Hammerstein über Kindheitserinnerungen an die ASF-Anfänge, das Engagement seiner Eltern und die Motivation zur Franzund-Verena-von-Hammerstein-Stiftung.

Woher kam die Idee für Franz-und-Verena-von-Hammerstein-Stiftung?
Adrian von Hammerstein: Mein Vater Franz von Hammerstein hatte schon vor Jahren die Idee, eine Stiftung zu gründen, wozu es vor seinem Tod aber nicht mehr gekommen ist. Diese Idee haben wir nun wieder aufgenommen und umgesetzt.

Was erhoffen Sie sich von der Stiftung?
Die Arbeit von ASF ist in den letzten Jahren und insbesondere seit Februar 2022 nicht leichter geworden. Die langjährig aufgebaute Arbeit in Osteuropa musste schweren Herzens unterbrochen werden, Hilfe für vom Krieg betroffene Menschen in der Ukraine wurde kurzfristig organisiert, ein neues Programm in Griechenland gestartet…

…Sühnezeichen und Friedensdienste scheinen dringlicher denn je?
Ja, diese Arbeit wird gleichzeitig immer wichtiger und zwar sowohl in Deutschland wie darüber hinaus: International verhärten sich die Fronten – man muss es wohl so nennen –, da brauchen wir umso mehr grenzübergreifende Begegnung und historische Aufklärung. Und in Deutschland sind wir mit einem Besorgnis erregenden Rechtsextremismus konfrontiert, dem wir etwas entgegensetzen müssen. Dabei wollen wir ASF unterstützen.

Wie nehmen Sie Anteil an der konkreten Freiwilligenarbeit?
Auch wenn ich selbst nicht als Freiwilliger bei ASF war, weiß ich sehr genau, wie wertvoll und wichtig die Freiwilligendienste sind. Für die meist jungen Teilnehmer*innen ist diese Zeit wegweisend und die gemachten Erfahrungen begleiten sie ihr Leben lang. An dieser Stelle möchte ich ASF meine mit Dank verbundene Bewunderung dafür aussprechen, wie es gelingt, für die doch sehr unterschiedlichen Freiwilligen die jeweils passenden Einsätze zu finden und zu organisieren.
Die in der Coronazeit begonnenen Formate, wie virtuelle Jubiläumstreffen und die Digitalen Salons, sind auch eine wertvolle Weiterentwicklung des Austauschs- und Begegnungsgedankens. Meine Frau und ich sind regelmäßige Teilnehmer dieser Veranstaltungen.

Haben Sie einen konkreten Wunsch, wohin die Stiftungserträge fließen sollen?
ASF hat über die letzten 65 Jahre überzeugende Arbeit geleistet und wir vertrauen Vorstand, Geschäftsführung und der Mitarbeiterschaft, dass sie die Mittel dort einsetzen, wo sie am meisten gebraucht werden.

ASF finanziert sich aus einem Mix aus Spenden, staatlichen und kirchlichen Zuwendungen – welche Rolle spielen hier die Stiftungsmittel?
Der große Vorteil ist, dass diese Mittel frei und flexibel eingesetzt werden können. Die Umstände der ASF-Arbeit verändern sich ja laufend. ASF muss hier schnell reagieren können, Programme anpassen oder neue Themen setzen. Dabei helfen die Stiftungsmittel ein Stück weit – in Verbindung mit weiteren Spenden und Förderungen. Sie geben ein bisschen mehr Spielraum, insbesondere in schwierigen Zeiten.

Was verbindet Sie und Ihre Familie mit ASF?
Für meine Brüder und mich war ASF in unserer Kindheit eine stetig präsente Größe. Es kamen Kolleg*innen, Freiwillige, Projektpartner*innen aus vielen Ländern zu uns nach Hause. Bei Tisch wurde über all die Projekte und die verschiedenen Perspektiven von Friedensarbeit diskutiert. Als Kinder durften wir auch manchmal zu Projektbesuchen mitfahren, wie zum Jugendzentrum in Rotterdam oder dem Kirchenbau in Taizé…

…wegweisende Begegnungs-, aber auch abenteuerliche Bauprojekte aus den ASF-Anfängen. Was bekamen Sie davon als Kind mit?
Unsere Mutter sorgte sich oft darum, wie alle diese großen Projektideen am Ende finanziert und realisiert werden können. Denn meist stand noch gar nicht fest, woher das Geld kommen sollte. Mein Vater war da gelassen mit Zuversicht und Gottvertrauen – und erstaunlicherweise ist es immer gut gegangen. Er blieb beharrlich und liebte es, Grenzen zu überwinden. »Es geht nicht«, »wir dürfen das nicht« – dagegen ging er an. Das gab er auch uns auf den Weg mit.

Die Stiftung trägt auch den Namen Ihrer Mutter Verena – wie prägte sie die ASF-Arbeit?
Meine Mutter unterstützte die Idee von ASF von Anfang an, vor allem dort, wo es an Arbeitskraft in dieser noch jungen Organisation fehlte. Als vielsprachige Theologin mit internationalen Kirchenbeziehungen brachte sie sich voll ein – auch weil sie die Arbeit mit Displaced Persons in der Nachkriegszeit tief bewegt hatte.

Die Stiftung hat also eine familiäre Gründungsgeschichte, sind Sie auch offen für andere Beiträge?
Ja, natürlich! Wir errichten die Stiftung zum Andenken an meine Eltern, denen ASF zeitlebens ein zentrales Anliegen war. Jede Zustiftung, mit der die Stiftung und damit die Hilfe für ASF weiter wächst, ist deshalb ganz im Sinne meiner Eltern und würde auch von uns sehr begrüßt.

Dr. Adrian von Hammerstein, Jahrgang 1953, ist der Älteste der drei Söhne von Verena und Franz von Hammerstein. Er lebt in Tutzing und in Berlin.
Das Interview führte Matteo Schürenberg. Er leitet die ASF-Öffentlichkeitsarbeit.  

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