Erinnerungskultur, Menschenrechte

Achtung der Toten ist Friedensarbeit!

Die Würde des Menschen reicht über seinen Tod hinaus. Der menschenwürdige Umgang mit Verstorbenen ist ein Menschenrecht und berührt auch die Rechte der Hinterbliebenen. Gerade im Kontext von schweren Verbrechen gegen die Menschheit zeigt sich, wie sehr die Menschenwürde sich auch im (un)würdigen Umgang mit den Toten spiegelt. So sollte von den Opfern der Shoah förmlich nichts übrig bleiben, ihre Erinnerung ausgelöscht werden. Umso setzt sich ASF für die Erinnerung und einen würdigen Umgang mit den Orten der Toten ein – und hat sich nun an einer interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft zu diesen Fragen beteiligt.

ASF-Sommerlager pflegen jüdische Friedhöfe und vermitteln die Lebenswege der Toten, die auch infolge der Shoah an vielen Orten in Vergessenheit zu geraten drohen. Bild: Piotr Strycharski

Die Deutsche Kommission Justitia et Pax koordinierte die Arbeit der interdisziplinär besetzten Arbeitsgruppe, die theologische, ethische, politische und zivilgesellschaftliche Perspektiven versammelte. Aus Anlass des Volkstrauertages 2023 veröffentlichte sie die Erklärung „Der gesellschaftliche Umgang mit den Toten – eine Frage der Menschenwürde!“ und stellte konkrete Forderungen an Kirche und Gesellschaft.

Tote spüren keinen Schmerz, doch meist leiden die Angehörigen. Diktatorische Regierungen nutzen dies oft aus, indem sie Gräber und Leichname schänden oder Menschen verschwinden lassen und den Hinterbliebenen dadurch unsagbare Schmerzen zufügen. Doch auch in rechtstaatlichen Ländern ist der Umgang mit Toten oft fragwürdig: Menschen ertrinken im Mittelmeer und Angehörige finden keinen Ort, sie zu betrauern. Obdachlose sterben auf deutschen Straßen und werden in aller Stille kostengünstig begraben.

Die AG sieht in diesen Beispielen eine große gesellschaftliche Herausforderung, der sie mit drei zentralen Thesen begegnet: Zum einen haben alle Menschen ein Recht auf einen angemessenen Umgang mit Toten, zum anderen müssen die Persönlichkeitsrechte der Verstorbenen sowie die Bedürfnisse der Trauernden geachtet werden. Schließlich muss es Räume geben für Trauer, Gedenken und die Auseinandersetzung mit dem Tod.

In diesem Zusammenhang fordert Justitia et Pax die Bundesregierung auf, mehr als bisher für einen angemessenen Umgang mit Toten zu tun, zum Beispiel indem sie internationale Konventionen und Empfehlungen konsequent umsetzt und einen unangemessenen Umgang mit Toten und ihren Hinterbliebenen verurteilt. Aber auch den Medien und zivilgesellschaftlichen Institutionen und nicht zuletzt den Kirchen kommt dabei eine wichtige Rolle zu: Sie alle können zu einer guten Erinnerungskultur beitragen und damit eine menschenwürdige Gesellschaft fördern.

Ein solch angemessener Umgang mit Toten befriedet auch die Gesellschaft als Ganzes. „Nur wenn wir die Würde der Toten und ihrer Hinterbliebenen achten, können wir Unrecht und Verletzung verarbeiten und Wunden heilen – nicht nur in der Familie, sondern auch in unserer Gesellschaft“, sagt der Vorsitzende der deutschen Kommission Justitia Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ als Vorsitzender von Justitia et Pax. „Ein guter Umgang mit dem Tod und den Toten ist echte Friedensarbeit“, so der Bischof.

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