ASF-Jubiläum
30 Jahre Freiwillige in Tschechien
Mehr als 30 Jahre ASF in Tschechien: Einsatz für Aussöhnung, Frieden und Verständigung über die Grenzen hinweg
Die Zusammenarbeit mit ASF begann bereits in den 1960er Jahren, die Holocaust-Überlebenden Irma und Jiři Lauscher begleiteten die ersten ASF-Gruppen aus der DDR in Theresienstadt und berichteten von ihrer Verfolgung. Auch wenn die frühe Zusammenarbeit durch die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 unterbrochen wurde: Es waren solche tschechischen Partner, die früh Türen öffneten, so dass sich über die Jahrzehnte eine vertrauensvolle Partnerschaft im deutsch-tschechischen Dialog entwickeln konnte. Heute führt ihre Tochter Michaela Vidláková, die als Kind das Lager überlebte, diese Erinnerungsarbeit fort. Seit 1993 können ASF-Freiwillige für einen einjährigen Dienst nach Tschechien kommen. Sie begannen mit ihrem Dienst in der Jüdischen Gemeinde Prag, danach folgten viele weitere Projekte im ganzen Land: Junge Deutsche setzten sich in jüdischen und christlichen Sozialeinrichtungen für NS-Verfolgte, Menschen mit Behinderungen oder Roma ein. Sie arbeiten außerdem in Projekten der Erinnerungsarbeit, etwa in den Gedenkstätten Theresienstadt und Lidice, im Collegium Bohemicum oder in der gemeinnützigen Gesellschaft Živá paměť. Zudem pflegen Freiwillige in zweiwöchigen Projekten jüdische Friedhöfe im Land.
Seit 2004 gibt es ein eigenes ASF-Landesbüro in Prag und den tschechischen Verein Servitus, der die ASF-Arbeit im Land trägt. Diese ökumenische Organisation für Freiwillige wurde im Mai 2003 von Vertretern der evangelischen Kirchen, der Jüdischen Gemeinden, Caritas und Diakonie gegründet.
Aktuell absolvieren 12 junge Deutsche ihren einjährigen Freiwilligendienst bei Partnern in Tschechien. Emma Töppler, die aktuelle Freiwillige in der Gedenkstätte Theresienstadt berichtete über ihren Dienst: „Ich führe Besucher*innen durch die Gedenkstätte in Theresienstadt. Mit diesem Freiwilligendienst versuche ich einen aktiven Beitrag zur Förderung des Friedens zu leisten. Das tue ich in einem Land und an einem Ort, an dem Deutsche unvorstellbar Unmenschliches getan haben. Trotz dieser Geschichte werde ich hier heute willkommen geheißen. So habe ich mich persönlich sehr weiterentwickelt. Aber auch mein Blick auf Geschichte und Politik hat sich während dieser Zeit geschärft und mich darin bestärkt, mich auch nach diesem Jahr aktiv für Versöhnung und Frieden zu engagieren.“
Botschafter Andreas Künne empfängt regelmäßig Freiwillige des ASF in Tschechien und richtete in den historischen Sälen der Botschaft einen Empfang aus: „Mich beeindruckt vor allem ihr Engagement für die gegenseitige Verständigung, ihr Einsatz für die Zivilgesellschaft, ihre Offenheit, sich auf Land und Leute einzulassen, und ihre Bereitschaft, sich als Deutsche mit der Geschichte ihres Landes intensiv auseinandersetzen. Mit ihrem Einsatz hier in Tschechien tragen sie nicht nur zur Versöhnung unserer beiden Länder bei, sondern erfüllen auch eine wichtige Aufgabe beim Überwinden von Vorurteilen und Unwissen über den jeweiligen Nachbarn.“
Jutta Weduwen, ASF-Geschäftsführerin reiste mit einer Delegation aus dem Berliner ASF-Büro an und sagte am Rande des Jubiläums: „Bei meinen Tschechien-Besuchen habe ich hoch engagierte Freiwillige erlebt, die sich dank unserer Partnerorganisationen im Land für Erinnerung und Solidarität einsetzen können – als Zeichen der Umkehr, nachdem Tschechien von NS-Deutschland ausgehend so viel Gewalt erlitten hat. Die Freiwilligen lernen in ihrem Jahr mehr über die Geschichte und Sprache des Landes, vor allem aber lernen sie seine Menschen kennen.“
Zu einem dreitägigen Programm kamen aktuelle und ehemalige Freiwillige sowie tschechische Projektpartner in Prag zusammen. Auf dem Programm standen beim Empfang des deutschen Botschafters eine Podiumsdiskussion mit der Shoah-Überlebenden Michaela Vidláková, ehemaligen und aktuellen Freiwilligen sowie Partnerorganisationen, die Einblicke in die Bandbreite des vielfältigen Engagements der Freiwilligenarbeit gab. An den beiden folgenden Tagen standen Besuche von Partnerorganisationen wie Památník Terezín sowie zum Abschluss ein Gottesdienst bei der ASF-Partnergemeinde in Prag an.