ASF-Weggefährt*innen
In Erinnerung an Ludwig Mehlhorn (5. Januar 1950 – 3. Mai 2011)

Wir haben mit Ludwig Mehlhorn einen langjährigen Freund von Aktion Sühnezeichen verloren. Seit seinem ersten Sommerlager in Potsdam im Sommer 1968 fand Ludwig bei Aktion Sühnezeichen die Menschen, die das teilten, was ihm existentiell wichtig war: Ein bewusstes Erinnern an die deutschen Verbrechen im Nationalsozialismus und die kritische Auseinandersetzung mit dem autoritären Regime in der DDR waren für ihn treibende Kräfte. Ihn prägten eine starke Sehnsucht nach Freiheit, die Suche nach offenem und intensivem Austausch und die Gemeinschaft im Glauben.
Durch Sühnezeichen hat Ludwig zwei Lieben gefunden – seine Frau Heimgard – und die Liebe zu Polen. Erst in und mit Polen habe er die deutsche Geschichte richtig verstanden, sagte er in einem Gespräch. In Polen lernte er intensiv das liberal-kirchliche Milieu kennen und erlebte eine kulturelle Freiheit und Vielfalt, von der der Alltag in der DDR weit entfernt war. Hochmotiviert brachte er sich zunächst Polnisch mit zwei Schallplatten bei. Und wurde in den 1970er und 1980er Jahren zu der zentralen Verbindungsfigur zwischen der Dissidenten in Polen und der DDR.
Durch ihn wurden politische Strategien zum Widerstand gegen den Kommunismus über die Grenze weitergegeben. Für viele Polen wurde er zum besten Deutschen. Als Anerkennung erhielt er in den letzten Jahren hohe polnische und deutsch-polnische Auszeichnungen. Aus seiner Prägung, seinem politischen Engagement und seiner Polennähe ergab sich ganz selbstverständlich Ende der 1980er Jahre eine intensive Unterstützung der Entwicklungen in dem polnischen Ort Krzyżowa, an dem sich die Widerstandsbewegung Kreisauer Kreis in den 1940er Jahren getroffen hatte. Er begleitete intensiv den Aufbau der dortigen Internationalen Jugendbegegnungsstätte und der Kreisau Initiative in Deutschland.
Kurz vor seinem Tod beschäftigte ihn erneut die Frage des Widerstehens – wie lange er selbst gegen seine schwere Krankheit ankämpfen müsse und dürfe. Er wird uns sehr fehlen.
Ulrike Kind, Studienleiterin Evangelische Akademie zu Berlin, Mitglied im ASF-Leitungskreis