ASF-Geschichte(n), Norwegen
65 Jahre Kirchenbau von Kokelv

Hier, in der ganz im Nordosten gelegenen Region endete der Zweite Weltkrieg mit verheerenden Kriegsverbrechen der deutschen NS-Besatzung. Auf ihrem Rückzug vor der Roten Armee aus Finnland über Norwegen zerstörten die deutschen Truppen so gut wie sämtliche Infrastruktur: Brücken, Wohnhäuser, Ställe und Hütten. Bis heute ist in Deutschland dieses Verbrechen der „verbrannten Erde“ wenig bekannt. Es traf eine entlegene Grenzregion, die ohnehin über wenig Infrastruktur verfügte. Die indigene Bevölkerung trafen die Verwüstungen besonders scharf. Ihre Herden wurden beschlagnahmt. Noch lange nach Kriegsende waren samische Gruppen von den Kriegsfolgen besonders stark betroffen (siehe Artikel in zeichen 03/2024).
Die Freiwilligen von Aktion Sühnezeichen errichteten anfangs Schulgebäude, Wohnheime und halfen in Kokelv beim Neubau einer Kirche mit. Auch in dieser ursprünglich samischen Siedlung, die nur knapp 100 Kilometer südlich vom Nordkap an der Küste liegt, hatte es schwere Zerstörungen gegeben. 24 Freiwillige halfen in sieben Monaten den weißen Holzbau mit einem Kirchturm zu errichten. 120 Menschen finden in dem traditionellen Kirchen-Langbau Platz. Ende Mai begannen die Arbeiten, nach 135 Arbeitstagen konnte die Kapelle am 27. November 1960 feierlich eingeweiht werden.
Am 22. Juni 2025 wurde das 65-jährige Jubiläum in der Kirche von Kokelv in kleinem Rahmen begangen. Die Vorsitzende des norwegischen ASF-Freundeskreises Ågot Sundelin Johansen und die ASF-Geschäftsführerin Jutta Weduwen nahmen teil. Die Freiwillige Noa, die aktuell ihren Freiwilligendienst im nahe gelegenen Wiederaufbaumuseum (Gjenreisningsmuseet) in Hammerfest leistet, gestaltete dort in der Ausstellung eine neue Tafel, die über diese Geschichte informiert. 2019 half ein ASF-Sommerlager die Kirche instand zu halten.
Nachdem in diesen ersten Jahren die Wurzeln der Versöhnungsarbeit durch konkrete Bauprojekte gesetzt und förmliche Aufbauarbeit geleistet worden war, änderten sich schon bald die Tätigkeit der Freiwilligen hin zu der Arbeit mit Menschen, die im Zweiten Weltkrieg als „nicht lebenswürdig“ eingestuft wurden: mit psychisch kranken, körperlich beeinträchtigten oder jüdischen Menschen. Statt Bauprojekten wechselte die Form der Freiwilligendienste hin zu festen Partnerorganisationen, in denen die einzelnen Freiwilligen mit klaren Aufgaben und Arbeitsplätzen in die jeweilige Teamabläufe integriert waren. Jährlich leisten heute 11 bis 14 Freiwillige ihren Dienst in jüdischen Seniorenheimen, Gedenkstätten, Museen, Internatsschulen und offenen Einrichtungen für beeinträchtigte Jugendliche und Erwachsene im ganzen Land an den Standorten Alta, Andebu, Ekne, Evenskjer, Hammerfest, Moi und Oslo.
PS: Für eine Freiwilligendienst ab September 2026 ist nun die Bewerbung möglich, zum Beispiel für einen Freiwilligenjahr in Norwegen!