Israel
Besuch von Bundesministerin Karin Prien im Beit Ben Yehuda
Neben den beiden ASF-Freiwilligen, die derzeit in Jerusalem ihren Dienst leisten, waren auch Freiwillige anderer deutscher Träger dabei – nämlich der ZWST (Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland) sowie des Kinderheims Neve Hanna. Thema des Treffens war die Bedeutung des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes in Israel nach dem 7. Oktober.
In seiner Begrüßung erinnerte Uriel Kashi, Landesbeauftragter von ASF in Israel, an die Anfänge der Freiwilligenarbeit:
1961 – noch vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen – kamen die ersten ASF-Freiwilligen nach Israel. In einem Klima des Misstrauens und der offenen Wunden leisteten sie echte Pionierarbeit, suchten Begegnung und bauten Vertrauen auf.
„1961 waren deutsche Freiwillige in Israel keine Selbstverständlichkeit“, sagte Kashi. „Und leider ist es heute ganz ähnlich. Nach den Angriffen des 7. Oktober musste ASF – genau wie alle anderen Organisationen – die Israel-Freiwilligen ausfliegen. Umso mehr freuen wir uns, heute wieder so viele Freiwillige im Beit Ben Yehuda begrüßen zu dürfen. Ihr seid die neuen Pioniere – ihr zeigt, dass Begegnung stärker ist als Angst und dass Brücken auch dann gebaut werden können, wenn ringsum vieles brüchig geworden ist.“
Er ging in seinem Grußwort auch auf die aktuelle Situation ein:
Die kriegerischen Auseinandersetzungen der vergangenen zwei Jahre hätte dazu geführt, dass viele Kooperationen in Kultur, Wissenschaft, Bildung und Jugendaustausch ausgesetzt worden seien. „Umso mehr verdienen alle Organisationen, die gerade jetzt wieder Freiwillige ins Land zu bringen – ASF, die ZWST und Neve Hanna – großen Respekt“, betonte Kashi. „Sie alle beweisen, dass Engagement, Vertrauen und Verantwortung stärker sind als politische oder gesellschaftliche Stürme.“
Nach einem kurzen Film über die Geschichte von ASF in Israel berichteten die Freiwilligen selbst von ihren ersten Wochen im Land.
Der ASF-Freiwillige Merlin erzählte, dass er in Deutschland oft Diskussionen führen musste, als er sagte, er wolle nach Israel gehen. „Nach zwei Monaten hier bin ich begeistert – nicht nur von den Menschen und den Landschaften, sondern weil ich hier die Möglichkeit habe, mit Israelis und nicht über Israelis zu sprechen und Freundschaften zu schließen.“
Daniel, der die Ministerin am Vormittag bereits durch „seinen“ Einsatzort Yad Vashem begleitet hatte, berichtete von seiner Arbeit im Archiv. „In einem Dokument tauchte plötzlich der Name meines Heimatortes auf – ein Ort, an dem ein Todesmarsch Halt machte. Davon hatte ich in der Schule nie etwas gehört. Diese Arbeit hier macht Geschichte für mich viel unmittelbarer und gegenwärtiger, als sie es in Deutschland je sein könnte.“
Viele der jüdischen Freiwilligen, die über die ZWST nach Israel gekommen sind, berichteten, dass ihr Jahr hier für sie eine besondere Bedeutung hat. Es ermögliche ihnen, offen ihre Identität zu leben und sich nicht verstecken zu müssen. „Allein mit einer Davidstern-Kette durch die Straßen zu gehen – ohne Angst –, das ist ein Gefühl von Freiheit, das viele von uns in Deutschland so nicht kennen“, sagte eine Teilnehmerin.
Ilana Asaf und Nili Berg vom israelischen Sozialministerium hoben hervor, wie wertvoll die Freiwilligendienste für das Verständnis des gesellschaftlichen Zusammenleben in Israel sei. In vielen Sozialeinrichtungen arbeiteten Jüdinnen und Juden, Christinnen und Christen, Musliminnen und Muslime selbstverständlich Seite an Seite. Ein Freiwilligendienst biete jungen Menschen die einzigartige Gelegenheit, dieses Miteinander unmittelbar zu erleben – in einem Land, das komplex, vielfältig und zutiefst menschlich sei.
In ihren abschließenden Worten betonte Ministerin Karin Prien die große Bedeutung von Freiwilligendiensten und Jugendaustauschprogrammen: „Jenseits der Beschäftigung mit der Geschichte ermöglichen diese Dienste jungen Menschen, das moderne Israel in all seinen Facetten kennenzulernen – ein Land mit einer vielfältigen, lebendigen Gesellschaft.“ Sie sehe es als ihre Aufgabe, den Jugend- und Freiwilligenaustausch mit Israel weiter zu stärken.
Der Besuch der Ministerin im Beit Ben Yehuda war mehr als ein offizieller Termin – er war ein starkes Zeichen für die Bedeutung persönlicher Begegnung in schwierigen Zeiten. Für die Freiwilligen war es eine besondere Anerkennung ihrer Arbeit; für alle Anwesenden ein Moment, der Mut und Zuversicht vermittelte.
Das Beit Ben Yehuda, das 2004 als internationale Bildungs- und Begegnungsstätte von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste eröffnet wurde, bleibt damit, was es immer sein wollte: Ein Ort, an dem Geschichte lebendig bleibt und Zukunft gestaltet wird – gemeinsam, durch Begegnung, Verständnis und Dialog.