ASF-Geschichte(n), ASF-Jubiläum, Vereinigtes Königreich

60 Jahre Versöhnung im Zeichen des Nagelkreuzes

Coventry ist ein besonderer Ort. Ein Ort der Zerstörung und des Neuaufbaus, vor allem ein Ort der Versöhnung und des Dialogs. Aktion Sühnezeichen verbindet viel mit ihm, vor allem Freiwillige, die bis heute jedes Jahr hier leben und sich engagieren. Vor 60 Jahren wurde ASF Teil der weltweiten Nagelkreuzgemeinschaft.

Am 14. November 1940 zerstörte die deutsche Luftwaffe große Teile der mittelenglischen Stadt Coventry. Der verheerende Angriff tötete 568 Menschen, viele weitere kamen bei zwei späteren Angriffen ums Leben. Der Domdekan Richard Howard rief wenige Wochen später in einer Weihnachtsmesse inmitten der Kirchenruine zu Versöhnung statt Hass auf. Kurz nach Kriegsende wurde eine Städtepartnerschaft mit dem zerstörten Kiel und 1959 mit Dresden geschlossen. Aus den Nägeln des Dachgebälks wurde ein erstes Nagelkreuz zusammengefügt, später kamen in über 160 Kirchen und Gedenkorten viele weitere hinzu.

Bereits 1961 halfen ASF-Freiwillige beim Aufbau der zerstörten Kathedrale, deren Ruinenmauern nicht abgerissen, sondern bewusst im Sinne eines geschichtsbewussten Aufbruchgedankens um einen Neubau ergänzt wurden. So entstand inmitten des bis heute von den Zerstörungen gezeichneten Altstadtkerns ein Versöhnungszentrum mit einem umfangreichen Bildungs- und Begegnungsprogramm. Jedes Jahr kommen zahlreiche Pilger- und Besuchergruppen aus der ganzen Welt, die Kirche engagiert sich jedoch auch sehr stark für die Stadtgesellschaft, die von den industriellen Strukturbrüchen gezeichnet ist. Fern von der Weltmetropole London in den West Midlands gelegen hat sich Coventry dank dieser kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Begegnungsaktivitäten zu einem weltoffenen Ort gewandelt, der engen Austausch zu zahlreichen Partnergemeinden auf der ganzen Welt hält.

Schon früh konnte ASF Teil dieser Verbindung über Grenzen hinweg werden. Nachdem die ersten deutschen Freiwilligen nach Coventry gekommen waren, halfen wiederum 1965 englische Freiwillige zusammen mit deutschen Engagierten von ASF beim Wiederaufbau des Diakonissenhauses in Dresden. Die beiden von Luftangriffen so gezeichneten Städte mit ihren ganz unterschiedlich wieder aufgebauten Stadtkirchen verbindet bis heute viel.

Als Zeichen der Versöhnung erhielt Aktion Sühnezeichen am 9. September 1965 das Nagelkreuz von Coventry. ASF ist bis heute Teil der internationalen Nagelkreuzgemeinschaft. In diesem Netzwerk bringen sich verschiedene Friedenskirchen, Versöhnungsinitiativen und Gedenkorte ein. Verschiedene Partnerorganisationen von ASF wie das Haus Kreisau, das Friedenszentrum Sievershausen oder die Evangelische Versöhnungskirche Dachau sind ebenfalls Teil der Gemeinschaft.

Bis heute kommen jedes Jahr ASF-Freiwillige nach Coventry und bringen sich in die Begegnungs- und Gedenkarbeit ein, unterstützen aber auch die zahlreichen sozialen Aktivitäten zusammen mit vielen weiteren Freiwilligen aus der ganzen Welt. Leider musste das ASF-Freiwilligenprogramm im Vereinigten Königreich in Folge des Brexit aufgrund massiv gestiegener Visa-Anforderungen ausgesetzt werden. Doch weiterhin können zwei Freiwillige von ASF nach Coventry kommen. Sie halten so den Kontakt aufrecht und die Hoffnung, dass ASF bald wieder auch in andere Partnerorganisationen wie das YMCA Exeter, die Association of Jewish Refugees oder das Leo Baeck Institut Freiwillige entsenden kann.

Die letztjährige Freiwillige Lea berichtet im Jahresbericht 2024 über ihr Engagement (S. 26f.).